Hunde retten, Schweine töten?

Hallo liebe zukünftige Hundeeltern, nach einigen Jahren als Hundepflegestelle kommt es leider immer häufiger vor, dass ich meine Arbeit in Frage stelle. Aber erst einmal zu den Fakten:

Der Background:
Ich bin seit dem Jahr 2000 Vegetarierin (inzwischen vegan), mir wurde schnell klar, dass es völlig absurd ist, dass ich einen Fisch als Nahrung auf meinem Teller habe während direkt am Esstisch ein Aquarium stand, mit Fischen, die ich füttere, die Namen haben und als Familienmitglieder angesehen wurden. Die ersten Haustiere in der Jugend stammen natürlich noch aus der Zoohandlung, aber mit der Zeit lernt man dazu und so ist es eine Selbstverständlichkeit nur noch Tiere aus dem Tierschutz zu adoptieren oder als Pflegestelle in Not geratene Tiere neu zu vermitteln. Startend bei Pflege-Nagetieren bin ich nun beim Hund angelangt und stehe vor einer Problematik, die ich so vorher mit den “Körnerfressern” natürlich nicht hatte.

Warum bin ich Pflegestelle?
Mein generelles, grundliegendes Ziel ist es möglichst vielen Tieren ein schönes Leben zu ermöglichen. Im Ausland mit Straßenhunden und Tötungsstationen schafft man das am besten durch Kastrationen, damit gar nicht erst Leben entstehen, die gequält und viel zu früh grausam getötet werden. Da ich allerdings weder die landeseigenen Sprachen, medizinisch geschult, noch Blut sehen kann wäre ich nicht sonderlich hilfreich bei Kastrationsaktionen. Nun gibt es nur die Möglichkeit, die schon geborenen Tiere aus den Tötungsstationen zu befreien. Sie werden bei mir aufgepäppelt, gewaschen, frisiert, sie lernen wie sie an der Leine laufen, lernen mit einer großen Stadt zurecht zu kommen, lernen vielleicht auch schon erste Grundkommandos und sie kriegen gutes Futter, welches sie nicht mehr mit anderen Tierheim-Insassen teilen müssen und gegebenenfalls zu kurz kommen. Beim Futter habe ich hier noch alle Möglichkeiten tierleidfreie Nahrung zu füttern. Ich habe also noch das Gefühl den Tieren wirklich generell helfen zu können!

Umso größer ist dann die Frustration, wenn ich merke, dass der Hund später bei den Besitzern Fleischprodukte bekommen wird und das gesamte Gedankenkarussell dreht sich wieder: “Wozu mache ich das überhaupt?”, “Es sterben doch mehr Tiere als wenn nur der Hund gestorben wäre”, “Ist es wirklich tierfreundlich was du hier machst?”, “Unterstützt du sogar die Fleischindustrie durch deine Arbeit?”, “Besser doch alles sein lassen und den Hunden nicht mehr helfen?”

Fangen wir an mit ersten Basics, die Zahlen:
In 2022 befanden sich in 46% aller Haushalte in Deutschland Haustiere. Insgesamt 15,2 Millionen Katzen (vermutlich fast alle fast ausschließlich von Fleisch ernährt) und 10,6 Millionen Hunde (überwiegend fleischhaltige Ernährung) – Tendenz steigend!
Wenn man also einen Staat gründen würde nur mit den Hunden und Katzen aus Deutschland wäre es das 9. größte Land in Europa zwischen Polen und Rumänien von der Einwohnerzahl. Nun besteht die Welt natürlich nicht nur aus Deutschland, die USA haben 163 Millionen Hunde und Katzen, die insgesamt den gleichen Fleischverbrauch haben wie gesamt Frankreich. Alle Hunde und Katzen in Deutschland produzieren mit ihrer Ernährung 10 Millionen Tonnen Kohlendioxid, so viel wie 2 Millionen Autos. Jeder gerettete Hund aus Rumänien leistet seinen kleinen negativen Beitrag zu dieser Entwicklung. Es ist also kein zu vernachlässigender Posten, wenn es darum geht den CO2-Ausstoß nachhaltig zu senken.

Keine Lust auf Klima-Argumente?
Jeder gerettete Hund kostet mindestens einem Schwein und vielen anderen Schlachttieren das Leben. Warum aber retten wir ein Tier und töten für seine Nahrung andere Tiere? Wäre es nicht besser den Hund zu töten, da das Schwein optimalerweise nur pflanzliche Nahrung frisst? Hat ein Hund eine größere Daseinsberechtigung als andere Tiere?
Der einzige Grund, warum wir Rinder essen und Katzen streicheln ist kultureller Natur. In Vietnam essen sie Hunde, Muslime rümpfen die Nase bei Schwein, im brasilianischen Urwald gibt es knusprige Spinne.
Wie auch beim Menschen, bin ich auch bei den Tieren dafür, nicht zu unterscheiden:
Ob Lehrerin, Hausmeister, Oberarzt, alle sind gleich. Ob braune Haut, weiße Haut, großer Mensch, kleiner Mensch, alle sind gleich. Ob großes Tier, kleines Tier, ekliges Tier, süßes Tier, alle sind gleich. Ob Hund, Katze, Schwein, Rind, Huhn, alle sind gleich und alle haben die gleiche Daseinsberechtigung.
Und auch wenn das Schwein schlauer ist, ist es dennoch noch mit dem “dummen Hund” auf der gleichen Stufe 😉
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/haustiere-schweine-sind-schlauer-als-hunde

Aber wie ist das mit den Nährstoffen?
Schöner kann man es kaum erklären als in diesem Youtube Video:
https://www.youtube.com/watch?v=2AKbCXiCJJM
Hier eine Studie von Peta zusammengefasst:
https://www.peta.de/wp-content/uploads/2020/11/Studie-Gesundheitszustand-vegetarisch-ernaehrter-Hunde.pdf
Und hier eine lange Version auf englisch:
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0265662
Weitere Quellen:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666789424000540
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S240584402411609X
https://www.mdpi.com/2306-7381/10/1/52


Und was soll ich jetzt kaufen?
Jede Menge Auswahl gibt es dort:
https://www.veganapf.de
und dort:
https://kokku-online.de/veganes-tierfutter
und dort:
https://vegan4dogs.com
und dort:
https://fairtails.de

Große Marken sind derzeit VegDog, VeggieDog, Yarrah, Ami, Greta (Olaf, Pauline), Benevo, Greenwoods, Rebel Belle (Zooplus), Meinert, Balloony, Fressnapf Naturally Good, Happy Dog India (auch in mini erhältlich).
Kauartikel gibt es von VegDog, Olivenholz, Kaffeeholz oder zumindest in vegetarisch: Käsekauknochen.
Auch in vielen dm Märkten gibt es inzwischen VeggieDog oder vegetarisches Nassfutter der dm Eigenmarke (Heldenmahlzeit) oder Snacks von Naturverliebt – Karottenknabbersticks.



Videotipp
An dieser Stelle könnte ich viele schockierende Filme einfügen, wer sie sehen möchte: Cowspiracy, Seaspiracy, Dominion, Earthlings, Lucent, Land of Hope and Glory, einige davon auf Youtube zu finden. Alles sehr gute Dokumentationen, die nichts beschönigen.

Diese arte Doku-Serie beleuchtet das Thema allerdings neutral, sachlich und klärt auf ohne schockieren zu müssen:
https://www.arte.tv/de/videos/104802-005-A/wen-duerfen-wir-essen/.
Inzwischen nur noch als Audio online unter: https://www.ardaudiothek.de/sendung/wen-duerfen-wir-essen-doku-ueber-die-zukunft-des-fleischkonsums/12118229/

Wusstest du schon?
Noch ein Hinweis in eigener Sache, da ich für diese Info regelmäßig erstaunte Gesichter ernte:
Bitte bedenkt, dass die Arbeit völlig ehrenamtlich ist, wir bekommen keinerlei Aufwandsentschädigung und die Pflegestellen zahlen die Unterbringung völlig auf eigene Kosten. Hundebetten, Näpfe, mobiler Trinknapf, Kauartikel, Trainingssnacks, Grundnahrung, Bälle, Schnüffelmatten, Intelligenzspielzeuge, Futtersuch-Toys, teure Sicherheitsgeschirre, Leinen, Schleppleinen, Halsbänder, Kotbeutel, Kämme, Bürsten, Schergerät, Benzin zur Abholstelle, zu Vorkontrollen, Nachkontrollen, durch den Hund zerstörte Gegenstände oder Möbelstücke (sofern die Versicherung noch nicht greift), muss komplett von der Pflegestelle bezahlt werden. Ich persönlich kenne keine Organisation, die sich an den ca. 400-500 Euro Vermittlungsgebühr bereichern kann, alle im (echten) Tierschutz engagieren sich auch mit ihrem Privatvermögen.

Behaltet bitte auch im Hinterkopf, dass auch Pflegestellen gerne mal Feierabend machen und beschränkt eure Anfragen, Nachrichten, Anrufe bitte auf die üblichen Bürozeiten, da es auch mal schön ist irgendwann abzuschalten, zudem haben wir alle auch noch unsere normalen Berufe und Verpflichtungen!